Grenzenloser Widerstand - Unsere Zeitung zum 1. Mai 2016

Die Tradition am 1. Mai auf die Straße zu gehen reicht bis ins Jahr 1856 zurück, damals fanden Massendemonstrationen in Australien für den Achtstundentag statt. Dreißig Jahre später schossen Polizisten die ArbeiterInnenproteste für den Achtstundentag in den USA, auf dem Haymarket Square in Chicago, zusammen. Aus diesem Anlass beschloss der Gründungskongress der II. Internationalen im Jahr 1889 den 1. Mai weltweit als Kampftag für die Verringerung des Arbeitstages auf acht Stunden zu begehen.

Seitdem gehen überall auf der Welt an diesem Tag Menschen auf die Straße, auch wenn ihre konkreten Forderungen sich unterscheiden, so eint sie dennoch der Kampf für eine bessere Zukunft. Viele Verbesserungen wurden seit damals erreicht, manche Errungenschaften wurden uns wieder aus den Händen gerissen und so bleibt der Kampf um sie immer aktuell.

Es gibt für uns am 1.Mai keinen Grund zu feiern, der Kapitalismus entreißt uns immer noch einen Teil des Mehrwertes unserer Arbeit, steckt uns in überteuerte schlechte Wohnungen oder spaltet uns nach Herkunft, Geschlecht oder Verwertbarkeit. Wir werden uns mit diesem System niemals abfinden und werden auch nicht nur am 1. Mai Widerstand leisten. Aber damit aus Wut endlich Widerstand erwächst, müssen wir noch mehr werden, uns noch besser organisieren und unsere Kräfte bündeln.

Diese Broschüre wurde von der radikalen linken | berlin und dem Roten Aufbau Hamburg [aufbau] erstellt und soll ein Beitrag sein Debatten anzustoßen, Position zu beziehen und Argumente für den radikalen Bruch mit dem Jetzt liefern.

...los auf die Straße!

Download als pdf und demnächst auch gedruckt im Laden Red Stuff & und verschiedenen Buchladen Berlins .

Termine rund um den 1. Mai

24.04.2016
14:00 Uhr, Mehringhof: Was tun wenn’s brennt?! Demo 1x1 der Roten Hilfe
 
29.04.2016
20:00 Uhr Beats Against Racism Konzert im Bi Nuu vom Bündnis für bedingungsloses Bleiberecht
 
30.04.2016
 
15:00 Uhr, Hermannplatz
Kundgebung gegen Verdrängung
 
16:30 Uhr, U-Bhf. Osloer Straße
Demonstration Organize- gegen Rassismus und soziale Ausgrenzung!
 
ab 18:30 Uhr, Richardplatz
Kundgebung und Straßenfest gegen Verdrängung
 
01.05.2016
 
09:30 Uhr: Hackescher Markt
Klassenkampf-Block auf der DGB-Demo 
    
18 Uhr: Oranienplatz
Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration

Geschichte wird gemacht -

Über die Aktualität von Klasse, Klassenspaltung und Klassenkampf
[radikale linke | berlin]

In den westlichen Industriestaaten wächst seit den 1970er Jahren stetig der Anteil der »working poor«, der Menschen, die trotz mehrerer mies bezahlter Jobs nicht über die Runden kommen. Gleichzeitig werden sozialstaatliche Errungenschaften beschnitten und die öffentliche Daseinsvorsorge zur Ware gemacht. Unter der rot-grünen Bundesregierung wurde die Agenda 2010 umgesetzt, durch die der Niedriglohnsektor und die Leiharbeit massiv ausgebaut wurden. Durch dieses staatlich verordnete Lohndumping konnte das exportorientierte Kapital international erhebliche Wettbewerbsvorteile erringen.
Wege findet, einen Klassenkampf von unten zu organisieren. Ein Problem: Die Perspektive Klassenkampf ging in Teilen der deutschen Linken seit den 1960er Jahren verloren. Für sie ist der Klassencharakter nicht mehr der Ausgangspunkt, um den bestehenden Verhältnissen zwischen arm und reich auf die Spur zu kommen. Damit einher geht die Unklarheit darüber, was eigentlich unter der Klasse der Arbeiter*innen zu verstehen ist.

Lenin hat in seinem Werk „Die große Initiative“ eine Klassendefinition entwickelt, die auch heute noch nutzbar ist: „Als Klassen bezeichnet man große Menschengruppen, die sich von einander unterscheiden nach ihrem Platz in einem geschichtlich bestimmten System der gesellschaftlichen Produktion, nach ihrem (größtenteils in Gesetzen fixierten und Ob der Klassenkampf von oben weiterhin so erfolgreich geführt werden kann wie in den vergangenen Jahrzehnten, hängt auch davon ab, ob die hiesige radikale Linke Mittel und 2formulierten) Verhältnis zu den Produktionsmitteln, nach ihrer Rolle in der gesellschaftlichen Organisation der Arbeit und folglich nach der Art der Erlangung und der Größe des Anteils am gesellschaftlichen Reichtum, über den sie verfügen. Klassen sind Gruppen von Menschen, von denen die eine sich die Arbeit der anderen aneignen kann infolge der Verschiedenheit ihres Platzes in einem bestimmten System der gesellschaftlichen Wirtschaft.“

Diese Definition bietet ausreichend Möglichkeiten zur Differenzierung. Weder bezieht sie sich allein auf das Industrieproletariat, noch schließt sie Manager*innen oder leitende Angestellte ein. Mit dieser Klassendefinition haben wir einige Richtlinien, mittels derer wir die Arbeiter*innenklasse genauer bestimmen können: Ihre Angehörigen sind nicht im Besitz von Produktionsmitteln, müssen also ihre Arbeitskraft verkaufen, um ihren Lebensunterhalt sicherzustellen. Sie sind zudem nicht in leitenden Funktionen zu finden, die die Überwachung und Gestaltung des Produktionsprozesses steuern und dadurch eine (gesellschaftliche) Machtposition verleihen. Sie eignen sich den gesellschaftlich produzierten Mehrwert nicht an, sondern schaffen diesen. Zur Arbeiter*innenklasse zählen indes auch diejenigen, die dem (primären) Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen oder ganz aus dem Verwertungskreislauf herausfallen, wie Gefangene, Obdachlose, Schulabbrecher, Aussteiger, prekäre Handwerker und Scheinselbständige.

Die bürgerlich-kapitalistische Gesellschaft ist sehr geschickt darin, die Konkurrenz untereinander zu fördern und zu einer Entsolidarisierung beizutragen. So haben etwa Geschlechterverhältnisse und Rassismus erheblichen Einfluss auf die Klassenspaltung.

Sozialistische Feministinnen haben früh auf die Trennung zwischen Lohnund Hausarbeit hingewiesen. Die kapitalistische Produktionsweise basiert bisher zentral auf der Aneignung unentlohnter Frauenarbeit: ob zur Reproduktion der Arbeiter*innenschaft oder zur Regeneration des einzelnen Arbeiters und anderer (oft schwächerer, weil sehr alter oder sehr junger) Mitglieder der Gesellschaft. Das Fließband endet also nicht vor den Türen der Arbeiterwohnungen: Was in den Arbeiterwohnungen gearbeitet wird, ist selbst die Voraussetzung für jegliche mehrwertproduzierende Arbeit.

Wie durch gezielte von der Kapitalseite forcierte Migration eine Klassenfraktion entstehen kann, zeigt das Beispiel der ab den 1950er Jahren in Westdeutschland angeworbenen Arbeitskräfte aus Südeuropa und der Türkei. Die »Gastarbeiter« waren politisch und gesellschaftlich ausgegrenzt sowie im Beruf ökonomisch schlechter gestellt und unsicherer beschäftigt als ihre deutschen Kolleg*innen. Es bildete sich eine Unterklasse heraus, die im Wesentlichen die Funktion einer nützlichen industriellen Reservearmee einnahm, die je nach konjunktureller Schwankung eingesetzt werden konnte. Ähnliches ist der derzeit auch in Bezug auf Geflüchtete festzustellen, etwa wenn Wirtschaftsvertreter*innen die Aussetzung des Mindestlohnes für Geflüchtete fordern.

Um die ideologischen und strukturellen Klassenspaltungen zu überwinden, müssen wir die gesellschaftlichen Momente erkennen, in denen wo sich Klassenlagen überschneiden, ähneln oder einander bedingen. Wir sehen in den selbstorganisierten, autonomen Kämpfen die Ansatzpunkte für den Klassenkampf von unten. Wesentliches Kampfmittel ist dabei weiterhin der Streik, denn er ist das ökonomisch stärkste Mittel, das der Arbeiter*innenklasse zur Verfügung steht. Grundsätzlich stehen wir daher jedem Streik zunächst positiv gegenüber, egal ob es ein regulärer Streik, wilder Streik, politischer Streik oder Generalstreik ist. Wie Streiks heute aussehen können, ob es sinnvoll ist, Streiks nicht mehr nur im Betrieb, sondern gesellschaftlich zu führen, wie die Spaltungen der Belegschaften, wie die Reproduktionsarbeit, wie die unterschiedlichen Bedingungen der Arbeiter*innenklasse im Zentrum und in der Peripherie verbunden werden können, sind die drängendsten Fragen, wenn es darum geht, den Klassenkampf von unten zu organisieren. Antworten zum Sturz des Kapitalismus finden wir nicht am Reißbrett, sondern durch die Praxis unserer Intervention in diesen Kämpfen.

„Es herrscht Klassenkrieg und meine Klasse gewinnt“ sagt Warren Buffett, einer der reichsten Menschen der Welt. Es wird Zeit gemeinsam zurück zu schlagen und alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist!

Der vollständige Text unseres Positionspapiers befindet sich auf unserer Internetseite:
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Antifa -

Gegenmacht und Klassenkampf
[radikale linke | berlin]

Wenn jeden Tag Häuser und Heime brennen, rechte Hegemonie entsteht, kann es nach wie vor nicht um die Frage gehen „Ob“ Antifa notwendig ist, sondern nur um das „Wie“. Antifaschismus bedeutet die Verbindungen und Effekte von Kapitalismus, Rassismus, Faschismus, Patriarchat und Staat zu beschreiben und viel wichtiger: Alternativen zu formulieren. Leider sind in den letzten Jahren einige zentrale Themenfelder linksradikaler Kritik etwas in Vergessenheit geraten. Eine wesentliche Debatte, die es unserer Meinung nach dringender denn je wieder zu führen gilt, ist die Aktualität des Begriffs der Klasse. Denn die starken Klassengegensätze und -interessen werden aktuell besonders deutlich.

Also wehret den Anfängen!

Soziale(Abstiegs-) Ängste, Isolation und Konkurrenzdruck sind aktuell auf der ganzen Welt sehr präsent. Linksradikale Perspektiven, konkrete Antworten auf konkrete Fragen, verstummen jedoch zunehmend. Stattdessen werden sie nun von rechts beantwortet. Die Geschichte hat gezeigt, dass aus einer bestimmten Klassenzugehörigkeit definitiv noch kein progressives Klassenbewusstsein erwächst. Das sollten wir nicht hinnehmen, sondern offensiv unsere Idee einer Welt ohne Konkurrenz, Individualisierung und Abstiegsangst zu den Menschen tragen, deren Bedürfnisse in der kapitalistischen Welt nicht von Belang sind.

Die derzeitige Verfassung der Antifabewegung macht es uns sicherlich nicht einfacher. Verlieren wir uns nicht weiter in unsinnigen Diskussionen die uns spalten, sondern, zeigen uns solidarisch mit denen, welche die gleichen Ziele verfolgen. Wir brauchen einen größeren Bezug auf die lokalen und globalen Bewegungen statt individualisierter Politikkonzepte.

Unser Antifaschismus unterscheidet sich seit jeher vom bürgerlichen Antifaschismus durch zentrale Punkte: revolutionäre und antinationale (Klassen-) Politik, ein antagonistisches Verhältnis zum bürgerlichen Staat, Legitimation extra-legaler Aktionen des antifaschistischen Selbstschutzes und unserer revolutionären Politik. Antifaschismus kann sich niemals positiv auf eine Nation oder andere identitätsstiftende Phrasen beziehen, auch wenn der Aufstand der Anständigen das suggerieren wollte.

Für uns muss Antifa also immer der Kampf ums Ganze sein. Der Kampf für eine bessere Welt abseits von Herrschaft und Unterdrückung, starren Identitätskonstruktionen, Ausbeutung, Kapitalismus und Imperialismus. Ganz konkret: Wir wollen Bedingungen schaffen, die den Faschismus als vermeintliche Alternative überflüssig machen.

Antifa und Gegenmacht

„Unter Gegenmacht verstehen wir eine Formierung gesellschaftlicher Kräfte, die in der Lage sind den herrschenden Verhältnissen entgegenzuwirken“, soweit unsere Position. Gegenmacht kann dort entstehen, wo wir als radikale Linke in der Lage sind, uns in Kiezinitiativen, Betrieben, gesellschaftlichen und kulturellen Milieus zu verankern. Gegenmacht entsteht dort, wo wir uns in Kämpfe um das „Recht auf Stadt“ einmischen, Zwangsräumungen verhindern, soziale Zentren aufbauen, Häuser besetzen. Dort wo wir Antifa als attraktive Jugendkultur etablieren. Wenn wir unsere Kraft dort einbringen, wo der Bruch mit dem Bestehenden forciert wird. Dort wo Vernetzung, Debatte, Theorie zusammenkommen und konkrete, revolutionäre, politische Praxis das Resultat ist. Wo wir es schaffen Diskurse zu verändern und andere zu etablieren, Menschen Erklärungen anbieten, die für sie Sinn ergeben und sie ermächtigt werden selbst neue zu entwickeln. Wo wir es schaffen, dass Menschen sich an unseren Aktionen beteiligen (wollen), unsere Aktionsformen adaptieren oder uns neue zeigen mit denen wir gemeinsam kämpfen können. Wollen wir reale Gegenmacht schaffen, gilt es die Dichotomie zwischen „entweder friedlich oder militant“ zu überwinden und deutlich zu machen, dass viele Widerstandsformen wirksam sind, wenn sie kombiniert werden und sich positiv aufeinander beziehen.

Es ist richtig und wichtig uns unserer eigenen Stärken und Fähigkeiten regelmäßig zu vergewissern. Allerdings darf Antifaschismus heute keine Avantgarde spielen, sondern muss mit den „besseren bzw. richtigen“ Argumenten arbeiten. Das ist mühsame Arbeit und führt uns vielleicht auch vor Augen, dass nicht alle unsere Ideen mit den Lebensrealitäten von anderen Menschen vereinbar sind. Einen anderen Weg eröffnen uns die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse aber gerade nicht.

Unsere Strategien und unsere Praxis müssen dynamisch sein, die Wahl der Mittel darf kein Dogma werden. Ob es beispielsweise sinnvoller ist eine kämpferische Demo mit schwarzem Block oder ein zivilgesellschaftliches Bündnis aufzubauen, muss strategisch und situativ entschieden werden. Widerstand besteht heute darin zu einer Situation die geeigneten Mittel zu wählen. Die Wirksamkeit können wir an den konkreten Effekten messen. Lasst uns nicht resignieren, nicht von unseren Wünschen und Träumen Abstand nehmen.

Lasst uns selbstbewusst in diese Welt gehen. Wir haben nicht die perfekten Antworten, aber „fragend schreiten wir voran.“

Das ganze Positionspapier findet ihr auf unserer Internetseite:
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„Uns fehlen Leute, die sich engagieren und mit anpacken“

[radikale linke | berlin]

In verschiedenen deutschen Städten versuchen Initiativen, ein SocialCenter for All zu erkämpfen. In Griechenland gibt es bereits besetzte Räume für Geflüchtete. Wir haben mit C. von der Gruppe Alpha Kappa in Athen über das Projekt Notara 26 gesprochen. Notara 26 wurde am 25. September 2015 von Aktivist_innen besetzt und ist es auch heute noch.

Wie erfahren die Geflüchteten von Notara 26?

Wir gehen dort hin, wo die Geflüchteten sind. Am Anfang kurz nach der Besetzung sind wir zu den Plätzen in Athen gegangen, wo viele Flüchtlinge waren, die von den Ägäisinseln hierher gekommen sind. Wir haben die Menschen darüber informiert das es Notara gibt und sie zu uns eingeladen. Vier Monate später haben auch die NGOs, die auf den Inseln aktiv sind, sowie andere zum Teil öffentliche Einrichtungen die Flüchtlinge über Notara informiert.

Wie ist die Arbeit in Notara 26 aufgeteilt? Gibt es mehr Gruppen oder Einzelpersonen, die sich dort engagieren?

Zu Beginn waren es vor allem politische Gruppen. Das lag auch daran,dass die Idee, ein Haus zu besetzen, im Vordergrund stand. Nun hat sich die Situation geändert. Wurde die Arbeit anfangs in den Gruppen aufgeteilt, machen jetzt alle alles – bis auf den Einsatz der Ärzte natürlich. Viele der Leute die jetzt im Notara aktiv sind und vorher nicht in Gruppen waren, haben begonnen, sich mit der Asylpolitik auseinanderzusetzen, und diskutieren darüber.
Außerdem muss gesagt werden, dass im ersten Monat sehr viel mehr Menschen aktiv waren. Mittlerweile ist die Lage schwieriger. Das Haus ist ein ehemaliges Bürogebäude, also nicht geeignet, über längere Zeit viele Menschen zu beherbergen. Maximal 110 Menschen können unterkommen, doch leben zur Zeit ungefähr 160 dort. Insgesamt waren 2.500 Flüchtlinge bereits bei uns.
Ein anderer Punkt ist, dass nun viele Menschen längere Zeit im Notara sind. Am Anfang war das Haus für die Flüchtlinge nur eine Durchgangsstation, sie blieben höchstens drei bis fünf Tage. Aber nachdem die Grenzen Richtung Norden geschlossen worden sind, hat es sich geändert. Der Plan war, dass alle bis zu fünf Tagen bleiben können. Nun prüfen wir, wer im Notara länger bleiben kann. Einige blieben hier, um in Griechenland einen Asylantrag zu stellen, andere wollen wieder zurück in ihre Länder und wieder andere warten auf eine günstige Gelegenheit, um weiterzukommen.

Was sind nach drei Monaten die Probleme im Notara 26?

Auf der einen Seite gibt es ausreichend Material und jede Menge Solidarität, doch auf der anderen Seite fehlen uns Leute, die sich engagieren und mit anpacken. Klar Dolmetscher und Ärzte werden immer gebraucht, aber am Anfang gab es allgemein eine große Bereitschaft für gemeinschaftliches Handeln. Das ist mit der Zeit weniger geworden. Jetzt wird die Last nur noch von wenigen Leuten gestemmt.Und das ist auch der Grund, weswegen alle alles machen und es keine Arbeitsteilung mehr gibt. Die alltäglichen Schwierigkeiten sind die größten Probleme, mit der Notara konfrontiert ist. Kurzum, am Anfang sind wir sehr idealistisch an die Sache herangegangen. Die Realität war davon weit entfernt. Dann waren wir mit Problemen konfrontiert und mussten diese lösen – und zwar ganz praktisch.

Wie hat die Nachbarschaft auf Notara 26 reagiert?

Anfänglich gab es Vorbehalte, aber diese haben sich schnell aufgelöst und die Nachbarschaft war danach sehr solidarisch. Es hilft natürlich, dass Notara im linken Bezirk Exarchia ist. Außerdem gibt es in Griechenland eine starke Solidaritätsbewegung mit Geflüchteten. Diese ist jedoch vor allem humanitärer und nicht politischer Natur. Aus diesem Grund werden die Menschen auch nicht über ihre Rechte aufgeklärt, z.B. um Asyl zu beantragen. Im Mittelpunkt der humanitären Hilfsbewegung stehen die Notwendigkeiten, um das Überleben der Flüchtlinge zu sichern. Die Solidarität wird zudem vor allem Menschen aus Syrien zuteil.

Warum wurde die Besetzung nicht geräumt?

Das hätte der Regierung politisch nichts gebracht, weil sie sich als eine linke präsentieren möchte. Außerdem hat die Regierung nicht die materiellen Möglichkeiten, um so viele Flüchtlinge zu versorgen, wie momentan Griechenland erreichen. Um jedoch als linke Regierung zu erscheinen, wollte Syriza keine Auffanglager wie in Amygdalesa oder auf freiem Felde einrichten.
Was wäre es für ein Bild gewesen, wenn die Polizei ein Haus mit Kindern und Familien räumt und die Leute auf die Straße setzt? Syriza will das linke Image bewahen. Auch bei den Riots am 6. Dezember – dem Jahrestag der Ermordung von Alexis Grigoropoulos durch Bullen –gab es zwar ein großes Polizeiaufgebot, aber es wurde nicht der Befehl zum Eingreifen gegeben.

Wird mit den Geflüchteten politisch gearbeitet?

Am Anfang gab es das Interesse, die Menschen, die die in Notara waren, zu politisieren. Aber Griechenland war für sie nur eine Zwischenstation und in Notara blieben sie lediglich für maximal fünf Tage. Das macht die Sache schwierig. Viele Flüchtlinge sind zudem traumatisiert. Sie haben niemanden an sich herangelassen, vor allem nicht mit politischem Zeug.
Es gibt natürlich auch Ausnahmen. Zum Beispiel ein Mädchen, das ihre Eltern bis an die Grenze gebracht hatte, dann wieder zurückzgekommen ist, um sich an Demonstrationen zu beteiligen.

Berlin braucht ein soziales Zentrum!

Im vergangenen Jahr gab es in verschiedenen Städten Versuche, Räume zu besetzen, um ein soziales Zentrum zu eröffnen. Was in Lübeck und Göttingen bereits geklappt hat, soll auch in Berlin keine Zukunftsmusik bleiben.

Neben Euren Ideen und aktiver Beteilung benötigen wir auch materielle Unterstützung:

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BiC: GENODEM1GLS
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