In diesem Sinne: Wir sehen uns!

Lieber Verfassungsschutz,

Vielen Dank für die medienwirksame Vorstellung unserer neuen Gruppe. Besser hätten wir das nicht machen können, auch wenn wir mit der tendenziösen Ausrichtung der Berichterstattung nicht ganz zufrieden sind. Inhaltlich befinden sich nämlich ein paar schwerwiegende Schnitzer in Eurem Text, die dann auch von den copy and paste Journalisten von BZ und Tagesspiegel übernommen wurden. Ganz richtig wurde zwar erkannt, dass wir mit alten Szenegewohnheiten gebrochen und persönliche Befindlichkeiten sowie ideologische Gräben übersprungen haben, um gemeinsam zusammen zu arbeiten. Das Motiv unserer Zusammenarbeit ist bei dieser Erkenntnis allerdings vollkommen falsch interpretiert worden. Nein, es ist nicht die Militanz, die uns eint, uns eint die einfache Erkenntnis, dass die Verhältnisse, so wie sie sind, nicht gut sind. Dass es so wie es ist, schlecht ist und dass es so wie es ist, abgeschafft gehört.

Das System der freien Marktwirtschaft ist am Ende und da hilft auch kein Gesundbeten mehr. Immer mehr Menschen werden frei gesetzt, aussortiert, für nicht mehr nützlich oder schon von vorneherein für komplett überflüssig erklärt. Wer keine Arbeit hat, soll auch nicht essen. Wer keine Arbeit hat, verdient kein Geld. Wer kein Geld verdient, kann nicht mitmachen in dieser Gesellschaft. Arbeit gibt es aber nur, wenn es sich für diejenigen lohnt, die die Arbeit vergeben. Wenn diejenigen, die die Arbeit vergeben, keinen Profit darin erkennen, dann gibt es auch keine Arbeit. Das wissen Journalist_innen genauso gut wie die Arbeiter_innen von Opel und da ist es auch vollkommen egal, ob die Arbeit getan werden müsste, weil sie gebraucht wird oder ob da eine vollständig intakte Produktionshalle steht. Wenn es sich nicht lohnt, dann lohnt es sich nicht und dann werden die Leute trotzdem auf die Straße gesetzt. Trotz Überfluss. Trotz Reichtum. Trotz allem. Das nennt man dann kapitalistische Produktionsweise. Sie führt trotz Überfluss zu Not. Sie führt zu dem, was man Krise nennt und darin befinden wir uns. Permanent. In Deutschland weniger. In Europa mehr. In der Welt total – und sie ist menschengemacht. Eine Krise ist keine Naturkatastrophe.

Doch statt sich einfach mal Gedanken darüber zu machen, wie man das alles anders organisieren könnte und wie man diesen unfassbaren Reichtum anders verteilt, machen alle weiter wie bisher. Dagegen kämpfen wir. Weil es nicht einzusehen ist, dass es Vielen sehr schlecht geht, nur damit es einigen Wenigen sehr gut geht. Das ist keine moralische Weinerlichkeit. Das ist eine einfache Feststellung. Diese Zustände sind nicht hinnehmbar.

Wenn uns das zu Gegner_innen dieser Gesellschaftsordnung macht – nun gut, dann soll es so sein. Wenn uns das zu Militanten macht – dann ist das halt so. Wenn Ihr an dieser Stelle eine Trennlinie zwischen uns und Euch zieht – dann ist uns das willkommen.

In diesem Sinne: Wir sehen uns!

Mit dem Euch gebührenden Respekt

radikale linke | berlin